Wer wirtschaftliche Potenz genauso wie sein gutes Aussehen unmissverständlich proklamieren wollte, war mit dem um die 30.000 DM teuren Mercedes 250 SE Cabrio bestens bedient. Das war in den 1960er-Jahren so und ist heute kein Stück anders.
Die Mercedes W111-Reihe, die sogenannte „Große Heckflosse“ umfasste nicht nur die namensgebende Limousine – ihr waren auch die Coupés und Cabrios
in flacheren Karosserien mit abgerundeten, nur noch im Ansatz erkennbaren Finnen beigeordnet. Doch während der achtern völlig entschärfte W108 Mitte 1965 bei den Viertürern übernahm, machten diese beiden hinreißenden Oberklasse-Autos noch bis 1971 weiter und wurden schließlich von der ersten offiziellen S-Klasse W116 abgelöst. Aber zurück zum Anfang: Anlässlich der Eröffnung des Daimler-Benz-Museums in Untertürkheim am 24. Februar 1961 wurde das neue Mercedes-Benz 220 SE(b) Coupé präsentiert, das W111 Cabrio folgte im Oktober. Gegenüber ihren Vorgängern basierten die Zweitürer auf der ungekürzten Rahmen-Boden-Anlage der Limousine und stellten dadurch vollwertige Viersitzer dar.
Im Mercedes 250 SE Cabrio herrscht Ruhe
Fürs Mercedes Cabrio wie auch fürs Coupé waren viermal so viele Teile von Hand anzufertigen wie für die Limousine. Diese Renommierwagen waren die letzten weitgehend in Handarbeit gefertigten Mercedes Modelle, weshalb der Preis der Coupés und Cabrios nahezu doppelt so hoch ausfiel wie der des Viertürers. Gut, dessen Dach flatterte oder blähte sich wenig überraschend auch bei 112 km/h nicht auf – das vom W111 Cabrio aber ebenfalls nicht. Und auf diese Leistung war man in Stuttgart durchaus und vor allem zu Recht stolz, ebenso auf die unkomplizierte, einhändige Bedienung des Gestänges vom zwecks Ganzjahreseinsatz dick gefütterten Verdeck, wie eine Broschüre nahelegt. Das war schon beim offenen 220 SE so, und es gab keinen Grund, beim Mercedes 250 SE Cabrio an diesen Tugenden irgendetwas zu verändern.
Der Mercedes Oldtimer war seinerzeit ziemlich schnell
Im September 1965 feierten jenes 250 SE Cabrio und das 250 Coupé mit dem M129-Reihensechser der neuen Mercedes W108-Reihe Einstand. Mit diesem Upgrade gingen auch wie für die W112-Benze mit 3,0-l-Einspritzer und Luftfederung die 14-Zoll-Räder und die größer ausgelegten Scheibenbremsen vom W 108 und in diesem Zuge auch Scheiben an der Hinterachse einher. Die kamen nicht verkehrt, denn das ab Werk mit Viergang-Schaltung bestückte Luxusauto zischte dank 150 PS sowie 216 Nm in Sekunden von 0 auf 100 und weiter auf für diese Zeiten höchst achtbare 193 Sachen. War die optionale Vierstufen-Automatik an Bord vom bei 275 cm Radstand 488 cm langen, 185 cm breiten und 144 cm hohen Mercedes Oldtimer, waren nur 188 Sachen drin, und durch die Bosch Einspritzpumpe flossen 18 statt andernfalls 16 l/100 km.
Als 250 SE ist das Mercedes Cabrio besonders rar
Im Mercedes 250 SE Cabrio herrschte purer Luxus – eine Lederausstattung war aus praktischen Gründen ohnehin serienmäßig, hinzu kamen neben dem verschwenderisch verbauten, extrem eleganten Edelholz unter anderem eine Scheibenwischwaschanlage mit zwei Geschwindigkeiten, diverse Innenraumleuchten und eine elektrische Uhr. Besonders stolz waren die Stuttgarter auf die dicker als in der Limousine gepolsterten vorderen Einzelsitze: Laut Prospekt verliehen sie Überland-Trips beinahe therapeutischen Charakter. Überzeugt waren die Kunden indes weniger, das 250 SE Cabrio verbuchte mit 954 Einheiten bis zur Ablösung durch den 280 SE im November 1967 und final durch den 280 SE 3.5 Ende 1969 damit die niedrigste Stückzahl aller W111-Versionen. Weniger attraktiv wird das Mercedes Cabrio deswegen gewiss nicht...
- Sixpack im Edelbenz: W180
- Sixpack im Edelbenz: W111
- Sixpack im Edelbenz: W108
- Sixpack im Edelbenz: W126
- Sixpack im Edelbenz: W223